Beim diesjährigen Jahresempfang der Wirtschaft in Mainz sprach sich der Präsident der Steuerberaterkammer Rheinland-Pfalz, Edgar Wilk, im Beisein von Bundesfinanzminister Olaf Scholz deutlich gegen die Einführung einer nationalen Anzeigepflicht für Steuergestaltungsmodelle aus. Er kritisierte den betreffenden Gesetzesentwurf der Finanzministerkonferenz von Bund und Ländern scharf, denn dieser widerspricht laut Wilk der informationellen Selbstbestimmung von Steuerpflichtigen und deren Beratern. „Es kann nicht das Ziel der Gesetzgebung sein, den Unternehmen und Bürgern das Reparieren unpräzise formulierter Gesetze aufzubürden“, betonte Wilk.
Wilk bezieht sich damit auf das Ansinnen der Finanzstaatssekretäre der Bundesländer, nicht nur internationale, sondern auch nationale Steuergestaltungsmodelle einer Anzeigepflicht zu unterwerfen. 2017 hatte die Europäische Kommission einen Entwurf vorgelegt, der einen verpflichtenden automatischen Informationsaustausch bei meldepflichtigen grenzüberschreitenden Gestaltungsmodellen fordert. „Die derzeit diskutierten Vorschläge zur zusätzlichen Einführung einer allgemeinen Anzeigepflicht für Steuergestaltungen innerhalb Deutschlands sind unverhältnismäßig und unvereinbar mit der verfassungsrechtlich geschützten Vertraulichkeit des Mandatsverhältnisses zwischen dem Steuerzahler und seinem Berater. Eine solche Pflicht lässt sich nicht verfassungskonform umsetzen“, so Wilk. Der Kammerpräsident ist sicher, dass damit unerwünschte Gestaltungen auch in Zukunft nicht schneller aufgedeckt werden als bisher.
Er forderte daher, die Umsetzung der internationalen Anzeigepflicht abzuwarten und zu prüfen, ob Aufwand und Ertrag in einem vernünftigen Verhältnis stehen. Häufig sei es in der Vergangenheit so gewesen, dass der Gesetzgeber auch nach dem Bekanntwerden von Steuerschlupflöchern erst Jahre später reagierte. „Allein mit dem Generieren einer erheblichen Datenflut ist niemandem geholfen. Es entstehen nur ein zusätzlicher bürokratischer Aufwand für die Betroffenen und eine weitere Rechtsunsicherheit.“ Solange zielführende Maßnahmen zur Verhinderung unerwünschter Gestaltungen nicht zeitnah erfolgen können, könne auch eine Anzeigepflicht nichts bewirken. Wolle man gegen die Steuervermeidungsstrategien einiger großer Konzerne vorgehen, wäre es deutlich effektiver, die bereits existierenden Instrumente wie die Möglichkeit einer verbindlichen Auskunft oder der Betriebsprüfung wirksamer einzusetzen.
Zudem erinnerte Wilk an eine grundlegende Prämisse des Rechtsstaats: Grundsätzlich ist alles erlaubt, was nicht verboten ist. „Es kann nicht sein, dass unbescholtene Unternehmer und Steuerbürger allein dafür mit einem Bußgeld belangt werden, eine legale Auslegung der Steuergesetzgebung nicht zuvor angezeigt zu haben. Wir reden hier nicht von Steuerhinterziehung, sondern allein davon, dass eine möglicherweise zwar komplexe, aber dennoch gesetzeskonforme Steuergestaltung anzeigepflichtig werden soll“, bekräftigt Wilk. Grundsätzlich mahnte der Präsident an, Vertrauen in die deutsche Wirtschaft zu haben, da die allermeisten Unternehmen ihrer Steuerpflicht – auch dank vertrauensvoller Beziehungen zu ihren Beratern – vorbildlich nachkämen.